In-Vitro Diagnostika: Was ist das?

Spätestens seit Covid-19 haben wir alle des Öfteren mit In-Vitro Diagnostika (IVD) zu tun. Denn bei In-Vitro Diagnostika handelt es sich um Medizinprodukte, mit denen aus biologischen Proben, wie Blut, Sekret, Urin oder Gewebe, medizinische Laboruntersuchungen gemacht werden.

Die Proben werden „in-vitro“ – Abstammung vom lateinischen Wort „vitrum“ für Glas – also außerhalb des menschlichen Körpers „im Glas“ untersucht.

Wir zeigen dir, was alles zu den In-Vitro Diagnostika gehört und welche Regelungen sie erfüllen müssen, um am Markt zugelassen zu werden.

1. In-Vitro Diagnostika Produkte

Die Produkte für eine In-Vitro Diagnose können Testverfahren, Software und Apparate darstellen, mit Hilfe derer, Diagnosen über die entnommenen Proben aus dem menschlichen Körper gemacht werden. Ein Urinbecher stellt genauso ein In-Vitro Diagnostikum dar, wie Tests, die den Status von Hepatitis C in Blutkonserven ermitteln. Ein großer Vorteil von In-Vitro-Diagnostika sind die zuverlässigen und vor allem schnellen Ergebnisse. 

Was aber ist ein IVD Produkt? Laut Medizinproduktegesetz werden In-Vitro-Diagnostika als Medizinprodukte definiert, die als: 

  • Reagenz
  • Reagenzprodukt
  • Kalibriermaterial
  • Kontrollmaterial
  • Kit
  • Instrument
  • Apparat, Gerät oder
  • System

dazu dienen, aus dem menschlichen Körper stammende Proben, in-vitro zu untersuchen. 

Ein Medizinprodukt zur in-vitro Diagnose kann drei unterschiedliche Ziele verfolgen: 

  1. Ermitteln von Informationen über physiologische oder pathologische Zustände oder angeborene Anomalien. 
  2. Prüfung der Unbedenklichkeit und Verträglichkeit bei potenziellen Empfänger*innen.
  3. Überwachung einer therapeutischen Maßnahme.

Neben In-Vitro Diagnostika für die Laboruntersuchung gibt es auch IVD  zur Eigenanwendung. Diese erhalten eine Zweckbestimmung, die die Anwendung zuhause ermöglicht. Dazu zählen beispielsweise Schwangerschaftsselbsttests oder auch Corona-Schnelltests für zuhause.

2. Die Klassifizierung von In-Vitro Diagnostika

In-Vitro Diagnostika werden in vier verschiedene Risikoklassen eingeteilt. Welcher Risikoklasse ein Medizinprodukt für die in-Vitro Diagnose zugeteilt wird, hängt insbesondere von dessen Zweckbestimmung ab. 

Gesetzliche Basis für diese Klassifizierung ist die EU-Verordnung 2017/746 für In-Vitro Diagnostika. Die Einteilung in Risikoklassen löst damit die bisherige listenbasierten Einteilung in Liste A und Liste B ab. 

Einteilung von In-Vitro-Diagnostika laut Verordnung (EU) 2017/746:

Risikoklasse Risikoart Beispiele
Klasse A Geringes Risiko Urin-Becher, Spuck-Röhrchen, EDTA-Blutröhrchen, Behälter zur Aufnahme eines Abstrich-Stäbchens
Klasse B Mittleres Risiko Kontrollgeräte ohne einen zugewiesenen quantitativen oder qualitativen Wert
Klasse C Erhöhtes Risiko Blutgruppenbestimmung, Krebsvorsorge und -diagnose, Gentests
Klasse D Hohes Risiko Detektion hochansteckender und gefährlicher Erreger, wie Ebola-V, SARS-V, Lassa-V, Marburg-V


Wie bei anderen
Medizinprodukten, gilt auch bei In-Vitro-Diagnostika, dass für die Klasse mit dem geringsten Risiko kein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt werden muss, sondern der*die Hersteller*in die Konformitätsbewertung selbst durchführen kann.

3. Gesetzliche Bestimmungen

Um ein In-Vitro Diagnostikum herstellen und auf den Markt bringen zu können, müssen eine Reihe an gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. 

Die besondere Herausforderung: Die neue EU-Verordnung für In-Vitro Diagnostika bringt umfassende Veränderungen und das hat große Auswirkungen auf die Hersteller*innen dieser Produkte.

3.1. Neue EU-Verordnung löst Richtlinie für IVD ab

Mit 25. Mai 2017 wurde die IVD Richtlinie 98/79/EG von der EU-Verordnung 2017/746 abgelöst. Zum gleichen Zeitpunkt wurde auch die EU Verordnung 2017/745 für Medizinprodukte (MDR) erlassen. Mit 26. Mai 2022 ist die In Vitro Diagnostic Medical Devices Regulation (IVD MDR) für alle Hersteller*innen verpflichtend. 

Die EU-Verordnung bringt für die gesamte Europäische Union neue Regelungen für das Inverkehrbringen, die Bereitstellung auf dem Markt und die Inbetriebnahme von In-vitroDiagnostika und Zubehör. Sie ist für alle Mitgliedstaaten gültig und unmittelbar wirksam. Beide EU-Verordnungen, jene für die Medizinprodukte und jene für In-Vitro-Diagnostika, haben zu einer Anpassung des Medizinproduktegesetz (MPG 2021) auf nationaler Ebene geführt.

3.2. Anforderungen

Ein Medizinprodukt für die in-vitro-Diagnose muss eine Reihe an gesetzlich definierten Anforderungen erfüllen, um am Markt zugelassen werden zu können. 

Die EU-Verordnung 2017/746 definiert im Anhang I, neben allgemeinen Anforderungen an Sicherheit und Leistung, auch spezielle Anforderungen an die Leistung, die Auslegung und die Herstellung. Dazu zählt beispielsweise, dass die Leistung des Produkts über die gesamte Lebensdauer des Produktes gleichbleiben muss. Auch müssen Infektionsrisiken durch Kontakt mit dem IVD oder Risiken, durch das Produkt mit Schadstoffen in Berührung zu kommen, ausgeschlossen werden. Neben Anforderungen an das IVD an sich, werden zusätzlich Anforderungen für die Informationen, die Hersteller*innen mit dem IVD geben, gestellt. Das betrifft die Gebrauchsanweisung und die Angaben auf der Verpackung. 

Die speziellen Anforderungen an IVD laut § 11 Medizinproduktegesetz sind

  • Sie müssen für den Zweck, für den sie eingesetzt werden sollen auch geeignet sein. 
  • Sie müssen den angegebenen Leistungsparametern entsprechen. Dazu zählen die Sensitivität, Spezifität, Präzision, Richtigkeit, Reproduzierbarkeit und Nachweisgrenzen. Diese werden alle vom*von der Hersteller*in angegeben. 
  • Es müssen übergeordnete Referenzmessverfahren und Referenzmaterialien verfügbar sein, um die Nachvollziehbarkeit der den Kalibriersubstanzen oder -vorrichtungen sowie Kontrollmaterialien zugeschriebenen Werte zu gewährleisten.
  • Zusätzliche Anforderungen an die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von In-Vitro Diagnostika kann der*die Bundesminister*in für Gesundheit und Konsumentenschutz per Verordnung festlegen. Das aber nur dann, wenn es um den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patient:innen, anderen Anwender:innen oder Dritten geht und Risiken abgewehrt werden müssen. 
  • Beim Entnehmen, Verwenden und Sammeln von biologischen Proben, die Würde und Integrität des Menschen und seine Privatsphäre schützen und zwar nicht ausschließlich bei der Anwendung und Verwendung, sondern auch bei der Herstellung.
  • Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten müssen zum Schutz der Personen Vorkehrungen bezüglich des Datenschutzes getroffen und diese personenbezogenen Daten geheim gehalten werden.  
  • Sie dürfen keine Diskriminierung auf Grund genetischer Anlagen mit sich bringen.

3.3. Zulassung & CE Kennzeichnung

Es können nur jene Medizinprodukte zur in-vitro Diagnose zugelassen werden, die sicher sind und auch den beabsichtigten Nutzen erfüllen. Festgestellt werden diese Faktoren mittels einer Leistungsbewertung. Dazu wird überprüft, ob das jeweilige IVD alle Sicherheits- und Leistungsanforderungen für In-Vitro Diagnostika erfüllt, indem klinische Nachweise für das jeweilige Produkt erstellt werden. Welche und wie viele dieser Nachweise und Daten benötigt werden, hängt von der Zweckbestimmung und folglich auch der Klassifizierung des Produktes ab. 

Im Rahmen der Leistungsbewertungsprüfung werden die wissenschaftliche Validität, die Analyseleistung und die klinische Leistung nachgewiesen. Aus dieser Leistungsbewertung entstehen die klinischen Nachweise, die essentiell sind, um die Sicherheit und Wirksamkeit wissenschaftlich zu belegen. 

In-vitro-Diagnostika müssen zusätzlich über eine CE-Kennzeichnung verfügen, um angewandt oder verkauft werden zu dürfen. Mit dieser Kennzeichnung gibt der*die Hersteller*in des Produktes an, dass es den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Die CE-Kennzeichnung muss klar ersichtlich sein und zwar nicht nur auf dem Produkt oder der Sterilverpackung, sondern auch auf der Handelspackung und der Gebrauchsanweisung. Ausgenommen von der CE-Konformitätskennzeichnung sind Produkte für Leistungsstudien.

4. Fazit

In-Vitro Diagnostika nehmen in der Medizin einen unersetzbaren Stellenwert in der Diagnose ein. Die Gründe dafür sind einfach: IVD werden den hohen medizinischen Ansprüchen gerecht, sind kostengünstig und ermöglichen ein rasches Ergebnis. Je nach Test liegen die Ergebnisse sofort oder innerhalb einer Stunde vor. So kann auf Krankheiten, Unverträglichkeiten oder andere Auffälligkeiten umgehend reagiert werden. 

Zudem macht der medizintechnische Fortschritt auch vor In-Vitro-Diagnostika nicht halt und so wird ständig an neuen, noch schnelleren Testverfahren mit zielgenauerer Diagnose gearbeitet. Dabei muss jedes Medizinprodukt zur In-Vitro Diagnose auch allen gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Die vielen Regelungen der EU-Verordnung für IVD und das österreichische Medizinproduktegesetz dienen dem Schutz und der Sicherheit der Anwender*innen und der Patient*innen. 

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Quellen:

  1. https://flexikon.doccheck.com/de/In_vitro, DocCheck Flexikon
  2. https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011003, Rechtsinformationssystem des Bundes / Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
  3. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32017R0746, EUR-Lex
  4. https://www.johner-institut.de/blog/regulatory-affairs/klassifizierung-von-ivds-nach-ivdr/, Johner Institut GmbH
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