Was ist Design Thinking?
Eine immerzu komplexer werdende Welt bringt auch immer komplexere Problemstellungen hervor. Altbewährte Lösungsansätze werden diesen Herausforderungen oft nicht mehr gerecht. Doch welche neuen Möglichkeiten und Wege gibt es, sich diesen Problemen anzunähern und sie auch zu lösen? Für viele Unternehmen und Organisationen ist Design Thinking die Antwort darauf.
Design Thinking ermöglicht es, sich unterschiedlichen Fragestellungen und Problembereichen systematisch, aber dennoch offen anzunähern, um neue und innovative Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zu entwickeln. Design Thinking ist äußerst nutzerorientiert und will für ein Bedürfnis der Nutzer*innen auf kreativem Weg die perfekte Lösung schaffen.
1. Design Thinking: Definition & Ursprung
Design Thinking stellt eine Methode dar, mit der komplexe Probleme oder Fragestellungen systematisch und kreativ gelöst werden sollen. Das Problem wird dabei durch die Augen der Nutzer und Nutzerinnen betrachtet, wodurch eine starke Nutzerorientierung im Zentrum von Design Thinking steht. Einseitige Lösungen werden durch bestimmte Charakteristika des Arbeitsumfeldes vermieden. Stattdessen stehen eine offene Fehlerkultur sowie kreative und innovative Denk- und Lösungsansätze im Mittelpunkt.
Seinen Ursprung findet die Methode des Design Thinkings in den USA der 1970er Jahre. So beschrieb der Psychologe Herbert A. Simon bereits damals Elemente des Design Thinkings in seinem Buch „The Sciences of the Artificial“. David Kelley, Larry Leifer und Terry Winograd, drei Wissenschaftler der Stanford Universität widmeten sich ebenfalls der Fragestellung, wie neue und innovative Möglichkeiten zur Produktentwicklung geschaffen werden können. Der Fokus der drei amerikanischen Wissenschaftler lag dabei auf Industriedesign.
2. Merkmale und Erfolgsfaktoren
Design Thinking ermöglicht die Anwendung komplett neuer Arbeits- und Denkkulturen, wobei sich drei wesentliche Merkmale von Design Thinking beschreiben lassen:
- Multidisziplinäres Team (People):
Essentiell für jeden Design Thinking Prozess ist die Zusammensetzung des Teams. Durch Multidisziplinarität sollen verschiedene Fachbereiche und Kompetenzen aufeinandertreffen, um so optimal zusammenzuarbeiten und etwas gänzlich Neues schaffen zu können. - Variabler Raum (Place):
Der Arbeits- und Denkraum wird beim Design Thinking äußerst flexibel gestaltet. Mobile Möbel, verstellbare Tische, Whiteboards und viel Platz sowie Materialien zum Präsentieren kennzeichnen einen typischen Raum des Design Thinkings. Der Raum an sich muss dabei kein Büro oder Besprechungszimmer sein, im Gegenteil, alles ist erlaubt: von der Werkstatt bis zum Wohnwagen. - Prozess (Process):
Kern der Design Thinking Methode ist dessen 6-schrittiger Prozess. Mit diesem Merkmal erhält Design Thinking auch seinen systematischen und strukturierten Charakter.
3. Der Prozess im Detail: 6 Schritte
Der Design Thinking Prozess ist trotz seiner sechs Schritte iterativ, sodass er nicht linear, sondern auch in Schleifen verlaufen kann. Ein Zurückspringen zu vorherigen Schritten ist somit möglich.
Wie aber geht Design Thinking? Die einzelnen Schritte des Design Thinking Prozesses werden je nach Quelle häufig unterschiedlich bezeichnet, inhaltlich unterscheiden sie sich jedoch nur marginal.
- Schritt: Verstehen
Im ersten Schritt muss die Fragestellung und damit das zugrunde liegende Probleme durch das Team verstanden werden, indem eine Ist-Analyse mit allen vorhandenen Informationen erstellt wird. Was ist das exakte Problem der Nutzer*innen, welches Wissen ist vorhanden und welche Wissenslücken bestehen? Alle Teammitglieder nähern sich dem Problem absolut unvoreingenommen und offen. - Schritt: Beobachten
Ziel der Beobachtung ist, so viel Informationen wie möglich, beispielsweise anhand von Interviews mit relevanten Personen, zu sammeln, um wichtige Insights für die Problemlösung zu finden. Durch das Beobachten soll das Design Thinking Team tiefes Verständnis für Verhaltensmuster, Emotionen und Bedürfnisse der potentiellen Kund*innen erhalten. Ein Design Thinking Team geht somit nicht davon aus, ausschließlich mit dem eigenen Wissen, das Problem verstehen und die optimale Lösung finden zu können, sondern bezieht relevante Personen mit ein, um die Bedürfnisse der Kund*innen so umfassend wie möglich zu ergründen. - Schritt: Sichtweisen definieren
Alle Informationen, die in den vorherigen Schritten gesammelt wurden, werden nun zusammengetragen und zu einem Gesamtbild geformt. Diese Synthese ermöglicht ein fokussiertes Weiterarbeiten und stellt das Framework für den jeweiligen Design Thinking Prozess dar. - Schritt: Ideen finden
In Schritt vier geht es an die Ideengenerierung, welche mittels unterschiedlicher kreativer Methoden, wie dem Brainstorming, erfolgt. Design Thinker bedienen sich bei der Ideenfindung zudem zahlreicher Visulisierungen und Post-it Notizen. In diesem Schritt ist alles an Ideen erlaubt. Alle Teammitglieder sind angehalten, komplett offen und ein Out of the box-Denken zuzulassen. Die Komfortzone soll verlassen werden, um nicht den bequemsten und einfachsten Lösungsweg zu wählen, sondern innovative Lösungen zu ermöglichen. Sortiert werden die Ideen erst, wenn die Teammitglieder das Gefühl haben, alle Ideen eingebracht zu haben. - Schritt: Prototyping
Für ausgewählte Ideen wird in Schritt fünf ein Prototyp erstellt. Für diesen Schritt wenden Design Thinker nicht zu viel Zeit auf, da eine Adaptierung und Verbesserung des Prototypen im nächsten Schritt erfolgt. Im Zentrum steht die Zweckmäßigkeit und nicht die perfekte Umsetzung. - Schritt: Testen
Im sechsten Schritt testen potenzielle Nutzer und Nutzerinnen den Prototypen, um herauszufinden welche Verbesserungen durchzuführen sind, sodass das Produkt oder die Dienstleistung marktfähig sind. Sind die Kernfunktionen valide oder benötigen Sie eine Adaptierung? Welche Funktionen fehlen oder sollten gar verworfen werden? Die Nutzer und Nutzerinnen werden nicht nur befragt, ob Sie das Produkt gut finden, sondern testen jede Funktion und geben Rückmeldungen zu fehlenden und gewünschten Funktionen. In diesem Schritt werden mehrere Feedbackschleifen eingebaut und der Prototyp so lange verbessert, bis die Nutzer und Nutzerinnen zufrieden sind und ein ideales Endprodukt entstehen konnte. Die einzelnen Schritte der Testphase werden vom Design Thinking Team genau dokumentiert.
4. Methoden und Einsatzgebiete
Design Thinking ist in aller Munde und dabei aber viel mehr als nur ein Buzzword. Doch wann und wo wird Design Thinking eingesetzt?
Zu seinen Ursprüngen noch ausschließlich als Methode zur Produktentwicklung im Industriedesign angewandt, findet Design Thinking heute auch in der Dienstleistungs- und Prozessentwicklung Anwendung. Somit wird Design Thinking neben der Wirtschaft und der Softwareentwicklung, ebenso im Gesundheitsbereich, im Journalismus, aber auch im Non-Profit-Bereich angewandt. Mittlerweile gibt es somit kaum mehr eine Disziplin, in der Design Thinking nicht angewandt wird.
Weitere Unternehmen, die Design Thinking gezielt einsetzen, um kreative Lösungen für komplexe Probleme zu finden und so stetiges Wachstum zu generieren:
- Apple
- Audi
- AirBnB
- Bosch
- Nike
- Pepsi
- SAP
- Uber
5. Fazit: Was bringt Design Thinking?
Design Thinking ist mittlerweile integraler Bestandteil vieler Firmen, die mittels Innovation Wachstum generieren möchten. Was aber bringt Design Thinking wirklich und welche Nachteile hat es?
Vorteile:
- Höhere Kundenzufriedenheit durch absolute Nutzerzentrierung
- Miteinbeziehen verschiedener Sichtweisen
- Das Schaffen von etwas Neuem durch das Entdecken und Erarbeiten noch nie dagewesener Perspektiven und Lösungen
- Die entwickelten Lösungen sind Produkte oder Dienstleistungen, die von Nutzer*innen wirklich gebraucht werden
- Verkürzter Prozess im Fall von geringen Feedbackschleifen
Nachteile:
- Hoher zeitlicher Aufwand und großer Personalaufwand
- Langer Prozess, falls die Feedbackschleife häufig wiederholt und stetig neue Verbesserungen umgesetzt werden
- Einige organisatorische Rahmenbedingungen müssen gegeben sein oder geschaffen werden
- Planbarkeit der einzelnen Sessions ist schwierig, da ein face-to-face Erarbeiten notwendig ist
- Ein Ergebnis für die Produktentwicklung ist nicht sichergestellt
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Quellen:
- https://hpi-academy.de/design-thinking/was-ist-design-thinking/#tabs__item619a1b-1, Hasso-Plattner-Institut Academy GmbH
- https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/design-thinking-54120, Springer Gabler | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
- https://digitaleneuordnung.de/blog/design-thinking-methode/, AD GmbH
- https://digital.hbs.edu/platform-digit/submission/nordstrom-innovation-lab-rethinking-how-you-shop/, Harvard Science and Engineering Complex
- https://www.peterfisk.com/2017/05/design-thinking-in-action-35-great-examples-of-companies-using-design-thinking-to-drive-innovation-and-growth/, Peter Fisk