Was ist GPRS?
1. Einleitung
GPRS (General Packet Radio Service) ist ein Dienst, der GSM Handys den Zugang zum Internet ermöglicht. Bei GPRS kann ein Zeitschlitz der GSM Funkschnittstelle bis zu 20 kbits/s IP Durchsatz erreichen, abhängig von der Entfernung des Handys von der Basisstation und der Signalqualität allgemein. Mit EDGE (Enhanced Data Rates for GSM Evolution) erreicht man sogar bis zu 60 kbits/s. Wenn mehrere Zeitschlitze gebündelt werden, vervielfacht sich die Bitrate der Datenverbindung auf 300 – 400 kbits/s, je nachdem wie viele Zeitschlitze zusammengefasst werden.
2. Netzarchitektur
Als die ersten GSM Netze Mitte der 90er Jahre in Betrieb gegangen sind, war nur Telefonie möglich. Kurze Zeit später wurden aber die Netze mit Komponenten erweitert, die mobile Datenverbindungen sprich den IP Dienst ermöglichen. Die wichtigsten davon sind der SGSN (Serving GPRS Support Node) und GGSN (Gateway GPRS Support Node), siehe Abbildung 1. Der SGSN hat die gleiche Funktion wie der MSC Server beim Telefondienst. Der GGSN lässt sich am ehesten mit dem MGW (Media Gateway) der Telefonie vergleichen. Die Architektur für IP ist also im Wesentlichen symmetrisch zur Architektur für den GSM Telefondienst. In Abbildung 1 sind in der oberen Hälfte des Corenetzes der MSC Server und das MGW dargestellt, in der unteren Hälfte befinden sich SGSN und GGSN. Das Funknetz ist sowohl für Telefonie als auch IP ident.
3. Anmeldung eines IP Handys im Netz
IP Handys müssen sich beim VLR des SGSN anmelden, um ihren Standort bekanntzugeben und um das Recht zu bekommen, den IP Dienst nutzen zu dürfen. Die Standortverwaltung erfolgt auf Basis von RAs (Routing Areas), vergleichbar mit den LAs (Location Areas) bei der Telefonie. Weil der VLR keine Daten zu SIM Karten dauerhaft gespeichert hat, muss er sich vom HLR, der für die SIM Karte zuständig ist, diese holen. Dabei lernt der HLR gleichzeitig auch, in welchem VLR ein IP Handy eingebucht ist.
Smartphones, die Telefonie und IP nutzen möchten, müssen sich bei zwei VLRs anmelden, dem VLR des MSC Servers und dem VLR des SGSNs.
4. Verbindungsaufbau
Wenn man am Handy „Mobile Daten“ einschaltet, baut es eine Datenverbindung zum SGSN auf (Abbildung 2).
Anhand verschiedener APNs (Access Point Names) kann eine Verbindung über den GGSN zu verschiedenen externen Netzen bzw. Servern aufgebaut werden, wie z.B. zum öffentlichen Internet, zu einem Firmennetz oder zum MMS Server des Netzbetreibers (der MMS Dienst basiert auf IP). Welche APNs ein Handy nutzen darf, ist im HLR gespeichert. In den Handys werden APNs unter dem Namen „Zugangspunkt“ konfiguriert.
Die im Handy und HLR gespeicherten APNs haben das Format eines Domain Namens. Wenn ein Handy eine IP Verbindung aufbaut und dafür einen bestimmten APN auswählt, überprüft der SGSN zunächst anhand der Daten, die er vom HLR bekommen hat, ob das Handy diesen APN nutzen darf. Anschließend fragt der im SGSN integrierte Call Server einen DNS (Domain Name System) Server, der den als Domain Namen angegebenen APN in die IP Adresse des GGSN umwandelt. Anm: Der DNS Server ist im Beispielsnetz (Abbildung 1) nicht eingezeichnet. Der SGSN baut dann einen GTP (GPRS Tunneling Protocol) Tunnel zum GGSN auf, über den alle IP Pakete, die das Handy sendet und empfängt, zwischen SGSN und GGSN transportiert werden. Ein Tunnel macht deshalb Sinn, weil der SGSN sich auch in einem Roaming Netz befinden kann, von wo aus ein Tunnel durch das Internet zum GGSN im Heimnetz aufgebaut wird.
Neben der Wahl des Ausstiegspunktes im GGSN kann mit dem APN auch die Art der IP Adresse (IPv4 oder IPv6) festgelegt werden, die der GGSN dem Handy zuteilt. Weiters können APNs für die Vergebührung genutzt werden, ob z.B. ein Dienst gratis ist oder nicht. Auch die Qualität des Dienstes (maximale und minimale Durchsatzrate) ist ein Parameter, der mit dem APN verknüpft ist. Ein weiteres Beispiel sind Paketfilter, die auf den IP Verkehr angewendet werden.
5. Unterschiede zwischen GSM und GPRS Verbindungen
GPRS Verbindungen, auch PDP (Packet Data Protocol) Context bzw. auch IP Session genannt, sind immer Einwahlverbindungen in den GGSN. Eine Direktverbindung zwischen zwei IP Handys über das Router Netz bzw. den SGSN ist nicht möglich.
GPRS Verbindungen müssen immer vom Handy aufgebaut werden. Ankommende Verbindungen zu einem Handy, das sich im Standby Modus befindet, sind nicht möglich, weil Handys keine fixe IP Adresse haben. Daher können sie keine IP Pakete empfangen, ohne vorher selbst die IP Verbindung aktiviert zu haben.
Obwohl eine IP Verbindung (PDP Context) vom Handy aufgebaut ist, werden die Zeitschlitze auf der Funkschnittstelle nur dann belegt, wenn auch tatsächlich Daten gesendet oder empfangen werden. Das spart enorm viele Funkressourcen, die von anderen IP Handys in der gleichen Zelle genutzt werden können. Damit ankommende IP Pakete an ein im „Packet Idle Mode“ befindliches Handy gesendet werden können, muss das Handy jeden Zellwechsel dem BSC bekanntgeben. „Packet Idle Mode“ bedeutet, dass ein Handy keinen Zeitschlitz des Funkkanals belegt.
6. Unterschied zwischen GPRS und EDGE
GPRS und EDGE unterscheiden sich nur durch die Modulation, die auf die Funkfrequenz angewendet wird. Bei GPRS ist es 2PSK (Phase Shift Keying), genauer gesagt GMSK (Gausssian Minimum Shift Keying). GMSK ist ein leicht abgewandeltes bzw. optimiertes 2PSK Modulationsverfahren. Abbildung 3 zeigt das Prinzip der 2PSK Modulation. Dabei wird die Phasenlage der Sinusschwingung jedes Mal, wenn der Bitstrom von binär „1“ auf „0“ bzw. umgekehrt wechselt, um 180° phasenverschoben. Bei GSM und GPRS geschieht das ca. 270.000 mal pro Sekunde, alle 8 Zeitschlitze zusammen haben also eine Bitrate von ca. 270.000 bits/s. Je nach Phasenlage der Sinusschwingung wird „1“ oder „0“ übertragen. Der Sender macht das mit der Sinusschwingung, die über seine Antenne als elektromagnetische Welle abgestrahlt wird. Beim Empfänger wird durch die an der Antenne eintreffende Welle der gleiche Schwingungsverlauf erzeugt. Dadurch erkennt der Empfänger jeden 1à0 und 0à1 Bitwechsel, den der Sender vollzogen hat.
Das Ziel der EDGE Einführung bestand darin, die Bitrate für IP zu erhöhen. Zeitschlitze, die IP Pakete transportieren und die von EDGE fähigen Handys genutzt werden, können die Modulation 8PSK verwenden. Dabei gibt es 8 mögliche Phasenlagen der Sinusschwingung (Abbildung 4), und mit jeder werden gleichzeitig 3 Bits übertragen, weshalb EDGE im Vergleich zu GPRS die 3-fache Bitrate aufweist, bei gleicher Anzahl von Phasensprüngen pro Sekunde (ca. 270.000). Falls die Qualität der Funkverbindung schlechter wird, wird auf 2PSK zurückgeschaltet und die Bitrate sinkt.
Alle Zeitschlitze, die Sprache und Signalisierungsnachrichten transportieren, bleiben bei der 2PSK genauer gesagt GMSK Modulation. Nur die EDGE Zeitschlitze werden 8PSK moduliert. Die BTS muss also ständig zwischen zwei verschiedenen Modulationen hin- und herschalten.